Gastbeitrag Yanki Pürsün in der FNP: Das Existenzrecht Israels ist nicht verhandelbar

08.11.2023



GASTBEITRAG / Frankfurter Neue Presse

Das Existenzrecht Israels ist nicht verhandelbar

VON YANKI PÜRSÜN

Der 7. Oktober 2023 markiert einen Wendepunkt. Nie zuvor nach der Schoah wurden an einem Tag so viele Jüdinnen und Juden getötet. Die Terrororganisation Hamas fügte Jüdinnen und Juden in Israel in diesen Tagen unvorstellbares Leid zu und stellte das Grauen öffentlich zur Schau. Der Terror der Hamas zielte auf den wundesten Punkt jeder Gesellschaft: Auf friedliche Zivilisten, auf Frauen und Kinder. Gleichzeitig zielte er auch auf eine geopolitische Destabilisierung: Jüdinnen und Juden sollten in Angst und Schrecken versetzt und die muslimische Welt aufgehetzt werden. Die Hamas agiert dabei nicht alleine. Sie wird finanziert, ausgebildet und angeheizt vom Regime des Iran, dessen lange verfolgtes Ziel die Vernichtung Israels ist. Ein anderer Umgang mit diesem Regime, das Hass gegen Israel schürt, seine Frauen ermorden lässt und seine Intellektuellen inhaftiert, ist längst überfällig.

Eines darf die Hamas dabei niemals erreichen: Dass die westliche Welt und insbesondere Deutschland das Existenzrecht Israels und das Recht Israels auf Selbstverteidigung mit einem „aber“ versehen. Das Existenzrecht Israels und seine Sicherheit als Teil deutscher Staatsräson sind nicht verhandelbar.

In Deutschland wird dieses Bekenntnis jedoch von zwei Seiten bedroht. Die eine Seite erhebt gegen jede Unterdrückung in verschiedensten Regionen der Welt die Stimme, schweigt aber zu den Angriffen gegen Israel. Ich sage ganz klar: Wer dieser Tage nicht für Jüdinnen und Juden und gegen menschenverachtenden Terror einsteht, verliert im Kampf gegen Diskriminierung jede Glaubwürdigkeit.

Die andere Seite nutzt den Angriff auf Israel, um menschenfeindliche Politik zu legitimieren. Die Antwort auf Israelhass kann und darf nicht der Hass auf Palästinenser oder gar auf den Islam sein. Unter der Terrororganisation Hamas leiden auch palästinensische Zivilistinnen und Zivilisten, indem sie von Terroristen als menschliche Schutzschilde missbraucht werden. Deutschland und die internationale Staatengemeinschaft sind daher dazu aufgefordert, alle zu unterstützen, die dabei helfen, auch die Palästinenser von diesem Terrorregime zu befreien.

Die Vorgänge in Israel haben Auswirkungen auch hier in Deutschland. Auf unseren Straßen, in unseren Schulen und in sozialen Netzwerken werden antisemitische Parolen verbreitet, das Existenzrecht Israels wird infrage gestellt und Terror verherrlicht. Politik und Zivilgesellschaft müssen für den Kampf gegen Antisemitismus endlich gemeinsam und wirksam Verantwortung übernehmen.

Antisemitismus auf unseren Straßen muss mit der vollen Härte des Rechtsstaats begegnet werden. Dazu gehört, dass Demonstrationen mit Auflagen belegt oder verboten werden, wenn sich abzeichnet, dass in ihrem Rahmen Straftaten begangen werden. Unsere Freiheitsrechte finden da ihre Grenze, wo sie für die Verbreitung von Antisemitismus missbraucht werden. Daraus folgt auch, dass Straftäter, insbesondere Unterstützer von Terrororganisationen, abgeschoben werden, wenn sie keinen deutschen Pass haben. Terror hat in unserem Land keinen Platz!

Es ist unerträglich, dass jüdische Einrichtungen bedroht oder gar angegriffen werden und dass Eltern Angst haben müssen, ihre Kinder in jüdische Bildungseinrichtungen zu schicken. Jüdische Einrichtungen wirksam zu schützen, ist unsere politische Verantwortung. Deshalb müssen Sicherheitsmaßnahmen in engem Austausch mit den Verantwortlichen regelmäßig angepasst werden. Polizeibeamte und Verfassungsschutzmitarbeiter müssen zudem speziell geschult sein, um den antisemitischen Gehalt von Aussagen und Aktionen erfassen zu können. Dies gilt insbesondere mit Blick auf israelbezogenen Antisemitismus, der sich häufig hinter Phrasen versteckt.

Es braucht eine Null-Toleranz-Strategie gegen Antisemitismus in unseren Schulen. Meldestrukturen für antisemitische Vorfälle müssen dafür verbessert, Fortbildungen und Workshops ausgebaut und die Zusammenarbeit mit außerschulischen Bildungseinrichtungen verstärkt werden. Genauso gilt es gegen Antisemitismus im Sport und auf Sportstätten konsequent vorzugehen.

Zuletzt gilt: Wir können dankbar dafür sein, dass nach der Schoah jüdisches Leben wieder Teil unserer vielfältigen Gesellschaft geworden ist. Jüdische Perspektiven und Expertisen müssen daher auch noch stärker in Gremien und die Präventionsarbeit einbezogen werden. Mahnungen müssen ernst genommen werden und wir müssen entsprechend handeln.

Antisemitismus ist ein Angriff auf Jüdinnen und Juden und somit jüdisches Leben in Deutschland. Antisemitismus gefährdet aber auch unsere Demokratie und den gesellschaftlichen Zusammenhalt insgesamt. Deshalb müssen alle zivilgesellschaftlichen Gruppen, gerade auch muslimische Vereine und Verbände, gegen antisemitische Hetze und die aus dem Ausland gesteuerte Verbreitung von Verschwörungstheorien vorgehen. Die Hamas und ihren Terror zu verurteilen muss Grundkonsens sein.

Der Kampf gegen Antisemitismus, er ist unsere gemeinsame Verantwortung – gerade nach dem 7. Oktober.